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  • 27.04.2021
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Haushaltsrede 2021

Haushaltsrede 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Christian Carl,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Mitglieder des Rates,

sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,

verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Jahre 2020 und 2021 sind geprägt von der Corona-Pandemie. Bis jetzt gab es bei uns in der Stadt Bad Wünnenberg 341 bestätigte Erkrankungen und 7 Todesfälle sind zu beklagen. Die Corona-Pandemie hat alle Bereiche der Gesellschaft erfasst. Das, gerade bei uns im ländlichen Bereich, besonders ausgeprägte Vereinsleben, ist fast zum Erliegen gekommen. Schulen und Kitas waren geschlossen. Das kulturelle Leben findet höchstens online statt. Beim Zustand unserer Wirtschaft vor Ort müssen wir genauer hinschauen. Es gibt zum Glück Unternehmen, die solide durch die Krise kommen. Jedoch leiden Gastronomie, Non-Food-Einzelhandel und andere Branchen. Sie bangen teilweise um ihre Existenz und brauchen unsere Unterstützung.

Wir alle hoffen, dass diese Krise möglichst bald beendet ist, und es wird sich dann zeigen, inwieweit sich unser Leben langfristig verändern wird.

Die SPD Fraktion im Rat der Stadt Bad Wünnenberg bedankt sich herzlich bei allen Bürgerinnen und Bürgern für ihren Einsatz, für ihre Geduld und die Solidarität innerhalb der Stadtgesellschaft.

Wir haben den Etatentwurf für den Haushalt 2021 vor uns liegen, bevor wir uns aber damit beschäftigen, möchten wir Rückschau halten auf den Haushalt 2020. Planung ist wichtig, nichts anderes ist ein Haushalt für das kommende Jahr. Ebenso wichtig ist der Rückblick, wie das vergangene Jahr 2020 gelaufen ist.

Von den für 2020 geplanten Investitionen lt. Haushaltsansatz in Höhe von 13.128.000 € wurden für Investitionen bis zum 31.12.2020 nur 5.445.000 € ausgezahlt.

Dafür gibt es verschiedene, teilweise auch gute Gründe: Förderzusagen erfolgten nicht wie beantragt bessere Förderprogramme wurden aufgelegt durch die Corona Pandemie lag der Fokus der Verwaltung auf anderen Projekten und Prozessen

Nichtsdestotrotz irritiert die Höhe der nicht erfolgten Auszahlungen die SPD Fraktion. Es bleibt der Eindruck, dass Einiges liegen geblieben ist. Als Beispiele seien hier genannt: die Umsetzung des Wirtschaftswegekonzeptes der Anbau am Kindergarten in Bleiwäsche der Anbau an der Grundschule in Bad Wünnenberg Erstellung Straßen- und Wegekonzept Alles Projekte, die erst jetzt begonnen wurden oder bei denen wir erst in die Planungen eingestiegen sind.

Wenn also nun der Kämmerer Friedhelm Wächter die gute Botschaft überbringen kann, dass der Haushalt 2020 mit einem sehr guten Überschuss abschließen wird, so liegt das zum einen daran, dass die Gewerbesteuereinnahmen über dem Haushaltsansatz lagen, aber leider auch daran, dass eingeplante und dringend benötigte Investitionen nicht umgesetzt wurden. Auch dies gehört zur Wahrheit und darf bei aller Freude über einen positiven Jahresabschluss 2020 nicht vergessen werden.

Wir freuen uns über die nahende Fertigstellung des Feuerwehrgerätehauses und des KuGa in Bad Wünnenberg. Bei allen Problemen, Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen die es gab, sind diese Gebäude ein echter Gewinn für Bad Wünnenberg.

Das Baugebiet Iserkuhle wird nun endlich erschlossen. Viele Familien werden dort ihre neue Heimat finden. Neben den Grundstücken für Einfamilienhäuser, die wir bereits vergeben haben, stehen auch noch 8 Grundstücke für Mehrfamilienhäuser zur Verfügung, auch hier gibt es eine hohe Nachfrage. Es bestätigt sich, worauf die SPD Fraktion schon seit mehreren Jahren hinweist, auch in Bad Wünnenberg gibt es einen Bedarf an bezahlbaren Wohnraum.

Aber nicht nur im Ortsteil Bad Wünnenberg ist der Bedarf vorhanden, in allen Ortsteilen gibt es Interessenten für Baugrundstücke. Vor allem in Fürstenberg muss endlich eine Lösung gefunden werden. Hierbei dürfen wir die Möglichkeit der Innenverdichtung nicht vergessen.

Als Kommune reicht es aber nicht aus, nur Bau- und Gewerbegebiete zu erschließen, sondern die entsprechende Infrastruktur für eine wachsende Stadt muss geschaffen werden. Dazu gehören die Investitionen in Kindergärten, offene Ganztagsschulen und Schulen, aber auch in Rad- und Gehwege. Neben diesen neuen Investitionen besteht allerdings weiterhin ein Investitionsstau von ca. 10.000.000 € bei unserer bestehenden Infrastruktur.

Unsere Forderung aus dem Wahlkampf, dass mindestens in Höhe der Abschreibung investiert werden muss, ist jetzt sogar beim CDU Fraktionsvorsitzenden angekommen, der dies in der letzten Verkehrsausschusssitzung aufgenommen hat.

Vor allem die Infrastruktur im Ortsteil Haaren ist mehr als in die Jahre gekommen und wurde vernachlässigt. Unser Antrag im Verkehrsausschuss kann nur ein Anfang gewesen sein. Gerne arbeiten wir an der Entwicklung eines Konzeptes mit, welches aber nicht nur eine Aufgabe der Politik mit der Verwaltung sein sollte. Die Bürgerinnen und Bürger müssen dringend bei der Entwicklung ihrer Ortschaft mit einbezogen werden. Desweiteren müssen wir in allen anderen Ortsteilen am Ball bleiben, unser Vermögen muss besser Instand gehalten werden.

Wie wichtig unsere Feuerwehr im Stadtgebiet ist, haben uns die Großbrände in Helmern, in Bleiwäsche und Bad Wünnenberg im letzten Jahr gezeigt. Daher hätten wir es begrüßt, wenn unser Antrag auf Einstellung von Mitteln für die Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen im Haupt- und Finanzausschuss beschlossen worden wäre. Wir können es immer noch nicht nachvollziehen, warum erst in 2019 ein Plan für die Feuerwehren auf den Weg gebracht wird, von dem dann – ohne Notwendigkeit – bereits in 2021 wieder abgewichen wird.

Der Neu- oder Anbau des Rathauses ist eine dringend notwendige Investition. Die SPD Fraktion steht weiterhin zum Standort Fürstenberg. Es muss geprüft werden, inwieweit der Spanckenhof neben der Nutzung für Ratssitzungen mit einbezogen werden kann. Allerdings müssen wir langsam in die Planung einsteigen. Jedes weitere Jahr kostet uns Geld, da die Baukosten lt. Index jährlich um ca. 4 Prozent steigen. Und vor allem muss nun endlich ausführlich die Bevölkerung über den Inhalt des Gutachtens informiert werden. Ein Pressetermin und die Einstellung der Unterlagen auf der Homepage der Stadt reichen hier nicht aus.

Vielleicht noch in diesem Jahr, bestimmt aber im Jahr 2022 wird die Umgehungsstraße B480n fertig gestellt. Ein Meilenstein in der Entwicklung von Bad Wünnenberg. Das Verkehrsgutachten für die Kernstadt und das Aatal muss jetzt in die Umsetzung, eine schnelle Lösung haben wir auch nicht parat. Aber hieran muss sobald wie möglich zügig und seriös gearbeitet werden.

Wir haben in der Stadt Bad Wünnenberg viele Baustellen, nicht nur, aber auch im wörtlichen Sinne. Daher kann das wichtige Thema Klimaschutz nicht nebenbei im Bauamt erledigt werden. Wir freuen uns sehr, dass die anderen Fraktionen unserem Antrag gefolgt sind und sich für die Einstellung eines Klimaschutzmanagers oder einer Managerin entschieden haben. Wir sind uns sicher, dies wird eine echte Bereicherung für unsere Stadt, Aufgaben gibt es genug.

Eine der Aufgaben wird die Unterstützung bei der Aufstellung eines neuen Flächennutzungsplans (FNP) zur Ausweisung von Windvorranggebieten sein. Die Stadt Bad Wünnenberg hat hierbei in der Vergangenheit schon viel geleistet. Unsere Landschaft wird durch den Blick auf die Windenergieanlagen (WEA) geprägt. Leider wurde dies vom OVG Münster nicht entsprechend gewürdigt und wir sind zum wiederholten Male aufgefordert, einen neuen FNP aufzustellen. Hier drängt die Zeit. Regelmäßig erreichen uns neue Bauanträge. Trotz unseres Drängens und regelmäßigen Nachfragens in der letzten Legislaturperiode wurden keine ausreichenden Vorarbeiten geleistet.

Großspurig wurde im Koalitionsvertrag der CDU/FDP Landesregierung ein Mindestabstand von 1.500 Metern zur Wohnbebauung versprochen. Heraus gekommen ist jetzt ein Gesetzentwurf mit 1.000 Metern Abstand von Siedlungen mit mind. 10 Häusern. Die CDU-Landtagsabgeordneten Sieveke und Hoppe-Biermeyer haben dies als großen Wurf für den Kreis Paderborn vorgestellt, der endlich Rechtssicherheit bringen soll. Wir haben die Befürchtung, dass dieses neue Landesgesetz zum Eigentor für die Kommunen im südlichen Kreis Paderborn wird. Aufgrund der 1.000 Meter Abstandsregelung um Siedlungen mit 10 Häusern, wird es kaum noch möglich sein, WEA in eng und zerklüftet besiedelten Gebieten wie dem Münsterland zu errichten. Wenn die Landesregierung aber ihre Klimaziele erreichen will, so müssen WEA gebaut werden und wo werden sie dann gebaut? In Gebieten mit unserer Siedlungsstruktur. Im letzten Landtagswahlkampf hatte die örtliche CDU den Eindruck erweckt, die Bürger*innen müßten nur CDU wählen, dann würde sich das mit den WEA bei uns erledigen. Wir lernen jetzt gerade, egal ob in Düsseldorf rot/grün oder schwarz/gelb regiert, die Kommunen haben große Schwierigkeiten, einen rechtssicheren FNP zu erstellen. Die ersten Sitzungen zum FNP haben uns der Illusion beraubt, dass wir das Heft des Handelns in der Hand haben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden doch wieder die Gerichte darüber entscheiden.

Nachdem es zu Beginn der Legislaturperiode etwas ruckelte und sich alle Fraktionen und auch die Verwaltung erst einmal finden mussten, meinen wir nun, dass die Zusammenarbeit im Rat und den Ausschüssen sich in die richtige Richtung bewegt. Die Zeit der One-Man-Show ist vorbei. War in den letzten 5 Jahren die Ausschussarbeit auf ein Minimum herunter gefahren, so haben wir jetzt wieder deutlich mehr Sitzungen mit echter Beteiligung der Rats- und Ausschussmitglieder. Es ist ein sachlicher Streit um die besten Ideen und Konzepte für unsere gemeinsame Stadt ohne Blockaden oder Vorurteile. Vor uns allen liegt viel Arbeit, neben den Ausschüssen wurden auch verschiedene Arbeitskreise gebildet (z. B.: Klimaschutz, Verkehrsgutachten, Richtlinien Mehrfamilienhäuser, Jugendparlament). Auch bei den Themen, bei denen es zu unpopulären Entscheidungen kommen kann, wie Rathausneubau und FNP Wind werden wir mit um einen gemeinsamen Konsens ringen. Aber es darf nicht mehr so sein wie im letzten Wahlkampf. Bei den problematischen Themen versuchte die Verwaltungsspitze und die CDU alle Parteien einzubinden, um dann nachher sagen zu können, das haben alle Parteien gemeinsam beschlossen. Und die positiven Entwicklungen nimmt dann die CDU für sich in Anspruch und stellt sich auf Facebook und Instagram vor Schulen, Kindergärten und Feuerwehrgerätehäuser und erweckt den Eindruck, als hätte sie das alles alleine initiiert. Dies haben wir als schlechten Stil empfunden und das werden wir zukünftig deutlich anprangern.

Den Haushalt, so wie er im Dezember 2020 vom Bürgermeister Carl eingebracht wurde, hätten wir mitgetragen. Zu dem Zeitpunkt war es ein solider Verwaltungshaushalt.

Zu Beginn der Legislaturperiode, mit einem neuen Bürgermeister und einem neuen Stadtrat, hatten wir uns zwar in der Haushaltsrede des Bürgermeisters etwas mehr erhofft. Eine Vision, eine Idee, einen Plan für Bad Wünnenberg für die nächsten 5 Jahre, aber der Haushalt war ein Verwaltungshaushalt, dem wir zugestimmt hätten.

Der uns jetzt vorliegende Haushalt hat sich aber vor allem durch die deutliche Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes von 417 % auf 390 % massiv verändert. Wurde im Haushaltsentwurf vom Dezember 2020 noch mit einem Minus von 425.122 € kalkuliert, weißt der uns nun vorliegende Haushalt ein Minus von 1.062.497 € aus. Diese Erhöhung des Minus um 637.375 € wird mit 596.125 € durch verringerte Einnahmen verursacht. Verringerte Einnahmen, die durch die oben erwähnte Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes verursacht werden. Und wenn wir korrekt sind, müssen wir auch noch die 1.250.000 € hinzurechnen, die wir als ausserordentlichen Ertrag aufgrund des „Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen“, ausgebucht haben. Denn dies ist in Wahrheit nur eine Verschiebung der Belastungen in die Zukunft. Dieser „Schattenhaushalt“ muss entweder in 2025 aus Eigenkapital ausgebucht oder dann über 50 Jahre abgeschrieben werden. Was also aktuell den Haushalt verschönert, wird zur Belastung von Haushalten in der Zukunft und den nachfolgenden Generationen.

Wir halten diese Steuersenkung für einen großen Fehler, sie ist unsolidarisch und unsozial.

Die Gewerbesteuer berechnet sich fast ausschließlich aus dem Unternehmensgewinn. Das bedeutet, dass von der Minderung des Hebesatzes nur gesunde Unternehmen profitieren, die durch die Corona-Krise kaum oder gar nicht betroffen sind. Während die Verlierer der Krise aufgrund geringerer Gewinne ohnehin weniger zahlen müssen oder gar aus der Gewerbesteuerpflicht herausfallen.

Die von der CDU-Fraktion und dem Bürgermeister im Alleingang gegen den Willen aller anderen Parteien beschlossene Senkung um 27 Punkte ist wie eine große Gießkanne. Diese Gießkanne bewässert die schon gut gewachsenen Blumen. Die Pflänzchen, die dringend Wasser benötigen, bleiben weiterhin auf dem Trockenen. Als wir in den Ausschusssitzungen die Essensgelderhöhung für Kitas und Schulen nicht an die Eltern weiter geben wollten, wurde uns vorgeworfen, wir wollten alle Eltern mit der Gießkanne unterstützen, dies müsse gezielter erfolgen. Die Gießkanne der CDU für die Wirtschaft ist nun 60-fach größer.

Durch den erhöhten Verlust wird unsere Ausgleichsrücklage deutlich gemindert und das in einer Zeit, in der niemand vorhersagen kann, wie sich die Corona-Pandemie in den nächsten Jahren auf unsere Wirtschaft und somit auf die kommunalen Haushalte auswirken wird. Trifft die langfristige Haushaltsplanung des Kämmerers zu, so ist unsere Ausgleichsrücklage schon in 2024 aufgebraucht mit weitreichenden Folgen für unseren Handlungsspielraum.

Wir berauben uns selbst unserer Spielräume bei den dringend benötigten Investitionen, wie bereits ausführlich beschrieben.

Gute Standortfaktoren für unsere Wirtschaft sind eine gute Infrastruktur, gute Verkehrsanbindungen, gute Schulen und Kitas, in welche die Mitarbeiter der Unternehmen gerne ihre Kinder schicken. Eine gut aufgestellte Verwaltung als Partner der Unternehmen ist wichtiger, als eine Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes auf das niedrigste Niveau in der gesamten Nachbarschaft.

Wir haben lange innerhalb der SPD Fraktion miteinander diskutiert, gerade weil wir durchaus positive Ansätze im Haushalt sehen und uns die sachliche Zusammenarbeit in den Ausschüssen für die weiteren Jahre positiv stimmt.

Jedoch diesen unnötigen Gang in die Verschuldung unter dem Gesichtspunkt der unbekannten Zukunftsaussichten und unter Berücksichtigung der dringend nötigen Investitionen, können wir nicht mittragen. Einen schon bereits negativen Haushalt, durch eine unnötige Steuersenkung noch weiter ins Minus zu bringen, halten wir für unverantwortbar.

Daher wird die SPD-Fraktion den Haushalt 2021 der Stadt Bad Wünnenberg nicht mittragen!

Wir bedanken uns beim Bürgermeister, bei den Fraktionen der anderen Parteien, bei der Verwaltung für die Zusammenarbeit und bei der Presse für die Berichterstattung.

Für die SPD-Fraktion

Stefan Stachowiak Fraktionsvorsitzender